
173 Tage, vom 11. März bis zum 31. August – solange waren Menschen in Friedenau bereit, sich auf dem Weg durch den Alltag unterbrechen zu lassen, um sich im Hilfsprojekt Zum Guten Hirten für geflüchteten Menschen aus der Ukraine zu engagieren. Als das Projekt beendet wurde, fiel es einigen schwer; es blieb das ungute Gefühl, etwas schuldig geblieben zu sein, sich aus der Verantwortung gestohlen zu haben.
Die bekannteste Beispielgeschichte Jesu erzählt davon, wie ein Samariter sich berühren lässt von der Not eines hilfsbedürftigen Menschen. Sie erzählt, wie einer den vorgegebenen Weg, den Alltag unterbricht und einem ihm völlig unbekannten Menschen zum Nächsten wird. Sie erzählt auch, wie dieser Samariter „am nächsten Tag“ seine Erstversorgung beendet und in seinen Alltag zurückkehrt.
Helfende haben auch eine Verantwortung für sich. Der Samariter delegiert die Hilfe an einen anderen. Man muss nicht alles selber machen. Doch wem man zu einem Nächsten werden kann, entdeckt man offenbar nur im Tun. Und das auf ganz verschiedene Weise.
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Lukas 10,25-37
Und siehe, da stand ein Gesetzeslehrer auf, versuchte Jesus und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? Er antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst« . Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben.
Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster? Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halb tot liegen. Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber.
Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte es ihn; und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr ausgibst, will ich dir’s bezahlen, wenn ich wiederkomme. Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste geworden dem, der unter die Räuber gefallen war? Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!