02/07/2024 0 Kommentare
Rückblick auf Bachs „Große Passion“
Rückblick auf Bachs „Große Passion“
# Kirchenmusik

Rückblick auf Bachs „Große Passion“

Ein einmaliges Musikerlebnis hatten die Besucher am Samstagabend. Die Matthäus-Passion von Johanns Sebastian Bach wurde aufgeführt, die „Große Passion“, wie sie in der Bach-Familie genannt wurde.
Und die Aufführung im Guten Hirten wurde diesem Namen in allem gerecht. Groß war die Anzahl der Sänger, insgesamt 140, gleich zwei Chöre (die Friedenauer Kantorei und der Brandenburger Stadt- und Domchor) und der Berliner Mädchenchor waren beteiligt. Zwei Orchester, für jeden der Hauptchöre gab es ein eigenes. Groß war die Aufmerksamkeit, die die Aufführung abverlangte, drei Stunden. Und schließlich gro8 war der Andrang der Musikbegeisterten: die Kirche war gefüllt, wie sonst nur an Weihnachten.
Von den Sängern und Musikern verlangte die Matthäus-Passion alles ab. Der schnelle und stetige Wechsel zwischen Choreinsätzen und den Solisten forderte Präzision, und trotzdem kam die musikalische Ausgestaltung dabei nicht zu kurz.
Auf mich machte das Libretto sofort den Eindruck eines Drehbuches mit genauen Regieanweisungen. Der Erzähler oder Evangelist gab den Rahmen vor, Solostimmen und die wechselnden Chöre gestalteten die Dialoge im Drama der Passionsgeschichte. Auffällig dabei war der große Raum, der der Volkesstimme gegeben wird. Oft waren das nur ein zwei Worte, die aber musikalisch dramatisch ausgestaltet waren: so gehörte für mich auch die zweimalige Forderung: „Lass ihn kreuzigen!“ zu den musikalischen Höhepunkten.
Am meisten berührt aber haben mich die Einsetzungsworte für das Abendmahl. Im Wechselgesang zwischen Evangelist und Jesus setzt der Evangelist einen eher nüchternen Rahmen, während Jesus seine Worte, die Quintessenz der Passionsbotschaft, im Dreivierteltakt singt, getragen zwar, aber doch mit dem Unterton einer freudigen Botschaft. Der Dreivierteltakt wird bei der folgenden Arie des Soprans wieder aufgegriffen, die Menschen haben die Botschaft verstanden.
Die Matthäus-Passion in seiner Lebendigkeit konnte damals und kann auch heute einen Gottesdienst voll und ganz ersetzen. Wer hinhört, hat seine Predigt oder gleich viele von ihnen. Die Choräle setzen aus der Liturgie bekannte Eckpunkte. Mit seiner Länge allerdings hätten viele Gottesdienstbesucher von heute aber sicherlich Probleme.
Dank an die beiden Kantoren, Svenja Andersohn und Marcell Fladerer-Armbrecht, sich an die Aufführung der „Großen Passion“ herangewagt zu haben. Dank an die ehrenamtlichen Sängerinnen und Sänger aus den Chören. Und Dank an die Solisten, alle zusammen haben ein großartiges und herausragendes Musikerlebnis gestaltet.
Ruth Pfriem
Fotos: P. Martins, E.-E. Weiss

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